s.i.e. - SÄCHSISCHES IMPROVIATIONSENSEMBLE
Aufführung
24. Juni 2017 20:00projekttheater dresden
Frank Dresig (p, synth)
Karoline Schulze (fl)
Chris Weinheimer (fl)
Ole Schmidt (bcl)
Agnes Ponizil (voc)
Sabine Grüner (vc)
Hartmut Dorschner (sax)
Andrea Hofmann (v)
Max Löb (git)
Andrea Tscharntke (harp)
Sophie Tscharntke (voc)
Uwe Chrzibeck (tu)
Andreas Nordheim (co)
Wieland Jubelt (dr)
Eckehart Fritsch (git)
Jens Weise (git)
Mut für unsere Welt
„Improvisieren ist … eine Übung der ersten Tugend unserer Intelligenz, der poetischen Tugend. Unsere Unmöglichkeit, die Wahrheit zu sagen, selbst dann, wenn wir sie fühlen, lässt uns als Dichter sprechen, Abenteuer unseres Geistes erzählen und verifizieren, dass sie von anderen Abenteurern verstanden werden, unser Gefühl mitteilen und es von anderen fühlenden Wesen geteilt sehen. Die Improvisation ist die Übung, durch welche das menschliche Wesen sich erkennt und sich in seiner Natur als vernünftiges Wesen bestätigt, das heißt als Lebewesen, das Wörter, Figuren, Vergleiche bildet, um das, was es denkt, seinesgleichen zu erzählen.“
(in: JACQUES RANCIÈRE - Der unwissende Lehrmeister. Fünf Lektionen über die intellektuelle Emanzipation)
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Nationalistische Bewegungen und die Krise des globalisierten Kapitalismus machen die Hinfälligkeit politischer und ökonomischer Ideologien und die Notwendigkeit neuer sozialer Konzepte unübersehbar.
Aber wie entwickelt man aus dem Chaos und ohne kulturelle Vorgefasstheit ein gemeinsames Konzept?
Wie gelangt man aus einer gewollten Voraussetzungslosigkeit in die Aktion?
Wie entwickeln sich Strategien, die nicht von unhinterfragten Ideen oder gar Ideologien ausgehen, die nicht hierarchisch organisiertes Wissen wiederholen, sondern sich als Ansätze von vernetzten Individuen organisieren?
Jede Intervention in die gemeinsame Struktur muss unter dem Aspekt der dadurch sofort entstehenden Veränderung ebendieser Struktur beobachtet und bewertet werden. Es kann also keine Rezepte geben, keine Strategien, die sich nicht in jedem Moment der Überprüfung stellen. Die Erfindung, Ausführung und Bewertung jeder Aktion ist hier ein ständiger Feedback-Zyklus, ein auf allen Ebenen rückgekoppeltes System. Und aus dieser Struktur heraus (durch Intervention aller, die in ihr drin stecken, die „Inter-esse“ an ihr haben) entstehen die Werte, die eigentlich nichts weiter sind als kurzzeitig stabile Phänomene innerhalb der strukturellen Veränderung. Die Form spielerischer Aktivität, die dieses Arbeitsprinzip nahezu vollkommen abbildet, ist die der „freien Improvisation“, die ohne Regeln, auch ohne die Regel des Regelverbots, auskommt:
Das allmähliche Erfinden und wieder Verwerfen der Regeln beim Spielen.
Seit 17 Jahren gibt es das „Sächsische Improvisations-Ensemble“ (s.i.e.). Dieses Ensemble besteht aus einem lockeren Verbund von zirka 20 MusikerInnen mit den verschiedensten künstlerischen, ästhetischen und akademischen Hintergründen.
Seit dem Jahr 2000 wurden in zahlreichen Projekten die Grenzen des kollektiven freien Improvisierens, des Umgangs mit graphischen oder teildeterminierten Partituren und der konzeptionellen Improvisation ausgelotet. Im kollektiven Arbeitsprozess werden ästhetische Gegensätze kommuniziert und gemeinsame Ausdrucksmöglichkeiten entwickelt. Grundprinzip ist die wertschätzende Aufmerksamkeit aller MitspielerInnen für musikalische Nuancen und die Lust am Probieren. Die beteiligten MusikerInnen wollen musikalisch dichten und verzichten dabei meist auf virtuoses Imponiergehabe. Es gibt keinen Diktator, der bestimmte Vorlieben verbietet. Die MusikerInnen spielen miteinander und versuchen sich zu verstehen.
Durch die große Anzahl an Beteiligten wird es immer wieder ein Abenteuer, weil Missverständnisse fast vorprogrammiert sind.
Doch wenn wir erleben, wie Menschen gemeinsam diese offene Situation gestalten, für ihr eigenes Tun Verantwortung übernehmen und ein Gespür für das Ganze entwickeln, macht das Mut für unsere Welt.
„Improvisieren ist … eine Übung der ersten Tugend unserer Intelligenz, der poetischen Tugend. Unsere Unmöglichkeit, die Wahrheit zu sagen, selbst dann, wenn wir sie fühlen, lässt uns als Dichter sprechen, Abenteuer unseres Geistes erzählen und verifizieren, dass sie von anderen Abenteurern verstanden werden, unser Gefühl mitteilen und es von anderen fühlenden Wesen geteilt sehen. Die Improvisation ist die Übung, durch welche das menschliche Wesen sich erkennt und sich in seiner Natur als vernünftiges Wesen bestätigt, das heißt als Lebewesen, das Wörter, Figuren, Vergleiche bildet, um das, was es denkt, seinesgleichen zu erzählen.“
(in: JACQUES RANCIÈRE - Der unwissende Lehrmeister. Fünf Lektionen über die intellektuelle Emanzipation)
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Nationalistische Bewegungen und die Krise des globalisierten Kapitalismus machen die Hinfälligkeit politischer und ökonomischer Ideologien und die Notwendigkeit neuer sozialer Konzepte unübersehbar.
Aber wie entwickelt man aus dem Chaos und ohne kulturelle Vorgefasstheit ein gemeinsames Konzept?
Wie gelangt man aus einer gewollten Voraussetzungslosigkeit in die Aktion?
Wie entwickeln sich Strategien, die nicht von unhinterfragten Ideen oder gar Ideologien ausgehen, die nicht hierarchisch organisiertes Wissen wiederholen, sondern sich als Ansätze von vernetzten Individuen organisieren?
Jede Intervention in die gemeinsame Struktur muss unter dem Aspekt der dadurch sofort entstehenden Veränderung ebendieser Struktur beobachtet und bewertet werden. Es kann also keine Rezepte geben, keine Strategien, die sich nicht in jedem Moment der Überprüfung stellen. Die Erfindung, Ausführung und Bewertung jeder Aktion ist hier ein ständiger Feedback-Zyklus, ein auf allen Ebenen rückgekoppeltes System. Und aus dieser Struktur heraus (durch Intervention aller, die in ihr drin stecken, die „Inter-esse“ an ihr haben) entstehen die Werte, die eigentlich nichts weiter sind als kurzzeitig stabile Phänomene innerhalb der strukturellen Veränderung. Die Form spielerischer Aktivität, die dieses Arbeitsprinzip nahezu vollkommen abbildet, ist die der „freien Improvisation“, die ohne Regeln, auch ohne die Regel des Regelverbots, auskommt:
Das allmähliche Erfinden und wieder Verwerfen der Regeln beim Spielen.
Seit 17 Jahren gibt es das „Sächsische Improvisations-Ensemble“ (s.i.e.). Dieses Ensemble besteht aus einem lockeren Verbund von zirka 20 MusikerInnen mit den verschiedensten künstlerischen, ästhetischen und akademischen Hintergründen.
Seit dem Jahr 2000 wurden in zahlreichen Projekten die Grenzen des kollektiven freien Improvisierens, des Umgangs mit graphischen oder teildeterminierten Partituren und der konzeptionellen Improvisation ausgelotet. Im kollektiven Arbeitsprozess werden ästhetische Gegensätze kommuniziert und gemeinsame Ausdrucksmöglichkeiten entwickelt. Grundprinzip ist die wertschätzende Aufmerksamkeit aller MitspielerInnen für musikalische Nuancen und die Lust am Probieren. Die beteiligten MusikerInnen wollen musikalisch dichten und verzichten dabei meist auf virtuoses Imponiergehabe. Es gibt keinen Diktator, der bestimmte Vorlieben verbietet. Die MusikerInnen spielen miteinander und versuchen sich zu verstehen.
Durch die große Anzahl an Beteiligten wird es immer wieder ein Abenteuer, weil Missverständnisse fast vorprogrammiert sind.
Doch wenn wir erleben, wie Menschen gemeinsam diese offene Situation gestalten, für ihr eigenes Tun Verantwortung übernehmen und ein Gespür für das Ganze entwickeln, macht das Mut für unsere Welt.